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Interview mit Frank Ganschow, BVG-Vorsitzender bei tesa
BVG = Besonderes Verhandlungsgremium

FotoFotoFrage: Wie kam es zur Initiative einer SE-Umwandlung?

Ganschow: Es war Wunsch der Anteilseigner, die Rechtsform zu ändern. Weil tesa in Deutschland knapp 2.000 Arbeitnehmer beschäftigt und somit unmittelbar vor der Schwelle zu einer paritätischen Besetzung des Aufsichtsrates steht, kam bei uns eine gewisse Skepsis auf. Durch SE-Umwandlung ist die Drittelbeteiligung im Aufsichtsrat jetzt festgeschrieben, auch wenn die Belegschaft wächst.

Frage: Wie sind die Verhandlungen gelaufen?

Ganschow: Wir wurden vor die Wahl gestellt, ob wir lieber zusätzliche Sitze im neuen Aufsichtsrat (einen mehr als heute) oder einen schlagkräftigen SE-Betriebsrat wollen. Nachdem wir uns zugunsten des SE-Betriebsrates entschieden hatten, sind die Verhandlungen mit der zentralen Leitung fair, konstruktiv und sehr zügig abgelaufen – so wie wir es bei tesa auch bei anderen Themen gewohnt sind.

Frage: Was sind die wichtigsten Erfolge der Verhandlungen?

Ganschow: Wir konnten einige Punkte durchsetzen, die über die Mindestvorschriften des Gesetzes hinausgehen. So tagt der zukünftige SE-Betriebsrat zweimal jährlich und hat in allen Niederlassungen ein Zutrittsrecht. Der geschäftsführende Ausschuß kann zusätzliche Sitzungen durchführen und setzt sich aus allen europäischen Regionen zusammen. Er kann sich bei Bedarf um Probleme der Arbeitnehmer vor Ort kümmern, vor allem in den Ländern ohne Betriebsrat. Es gibt eine Schlichtung bei Streitigkeiten mit der zentralen Leitung und wir können selbständig auch Themen auf europäischer Ebene initiieren. Da es bei tesa bisher noch keinen Europäischen Betriebsrat gab, ist das alles für die Arbeitnehmer außerhalb Deutschlands ein erheblicher Fortschritt.

Frage: Was würdest Du anderen Betriebsräten empfehlen, die vor einer SE-Umwandlung stehen?

Ganschow: Laut Gesetz müssen die Verhandlungen innerhalb von nur sechs Monaten abgeschlossen sein. Deshalb ist es für die Arbeitnehmerseite wichtig, sich im BVG sehr schnell auf eine gemeinsame Linie zu verständigen, sonst läuft die Zeit weg. Natürlich wünsche ich jedem anderen Betriebsrat, daß er ähnlich faire Verhandlungspartner findet wie wir. Negativ beurteile ich, daß bei unserer Regelung externe Gewerkschaftsvertreter keinen Sitz im Aufsichtsrat bekommen. Insgesamt bringt uns aber ein guter SE-Betriebsrat mehr als zusätzliche Mandate im Aufsichtsrat.


Frank Ganschow ist Vorsitzender des tesa-Gesamtbetriebsrats und des Betriebsrats in der Hauptverwaltung in Hamburg. Er gehört dem Aufsichtsrat seit 2001 an und war Vorsitzender des BVG. Seit 1979 ist er Mitglied der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE).

Das Interview führte Werner Altmeyer am 19. Dezember 2008.


Weitere Informationen:

Zeitschriftenbeitrag über den Ablauf der Verhandlungen mit Checkliste



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