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Welche Veränderungen bringt die neue EBR-Richtlinie?

FotoFoto Seit dem 5. Juni 2009 ist die neue Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat in Kraft. Sie sieht eine zweijährige Übergangsfrist bis 5. Juni 2011 vor. Bis zu diesem Tag hatten die Mitgliedsländer des Europäischen Binnenmarktes - neben der EU auch Norwegen, Island und Liechtenstein - Zeit zur Umsetzung in die nationale Rechtsordnung. In Deutschland ist das neue EBR-Gesetz am 18. Juni 2011 in Kraft getreten. Kroatien unterliegt der Richtlinie seit dem 1. Juli 2013, dem Tag des Beitritts zur EU. In der Schweiz gilt die Richtlinie nicht, eine Initiative zur freiwilligen Umsetzung fand im Juni 2012 keine Mehrheit im Nationalrat.

Die neuen Regeln gelten nur für jeden zweiten Europäischen Betriebsrat

Zunächst ist zu prüfen, ob die im eigenen Unternehmen abgeschlossene EBR-Vereinbarung unter die neue Richtlinie fällt.


In den folgenden Fällen greift die neue Rechtslage nicht:

  • Die EBR-Vereinbarung wurde vor dem 22. September 1996 abgeschlossen (sog. Artikel-13-Vereinbarungen). Dabei ist es völlig unerheblich, ob die Vereinbarung in den Jahren danach verändert oder neu ausgehandelt wurde.

  • Die EBR-Vereinbarung wurde nach dem 22. September 1996 abgeschlossen und in der zweijährigen Übergangszeit zwischen dem 5. Juni 2009 und dem 5. Juni 2011 verändert.

  • Die EBR-Vereinbarung wurde zwischen dem 5. Juni 2009 und dem 5. Juni 2011 erstmals abgeschlossen.

    Achtung:

    Bei Kündigung einer solchen Alt-Vereinbarung gibt es in der Regel keine Nachwirkung. Der EBR wird dann aufgelöst und ein Besonderes Verhandlungsgremium erarbeitet innerhalb von drei Jahren eine neue EBR-Vereinbarung.

    → Weitere Informationen zu diesem Thema


  • 431 Europäische Betriebsräte wurden nach Artikel 13 der alten EBR-Richtlinie gegründet. In einer nennenswerten Zahl von Unternehmen wurden in der Übergangszeit zwischen Juni 2009 und Juni 2011 Veränderungen an der Vereinbarung vorgenommen. Daher sind mehr als die Hälfte aller heute existierenden 1080 Europäischen Betriebsräte von der neuen EBR-Gesetzgebung nicht erfaßt.

    Warum ist die Mehrheit von den neuen Standards ausgeklammert?

    Es handelt sich hier um ein Zugeständnis an die Arbeitgeberverbände im Gesetzgebungsverfahren. Nur bei grundlegenden Änderungen der Struktur des Unternehmens (z. B. Fusionen, Abspaltungen) können die Standards der neuen Richtlinie in den oben genannten Fällen juristisch erzwungen werden. Um in den Genuß der verbesserten Regelungen zu kommen, ist daher eine Nachverhandlung der EBR-Vereinbarung zwingend erforderlich. Lediglich Unternehmen mit Sitz in Österreich unterliegen teilweise besseren Bestimmungen.


    In folgenden Fällen gilt die neue Rechtslage:

  • Die EBR-Vereinbarung wurde nach dem 22. September 1996 abgeschlossen und seither gar nicht oder zuletzt vor dem 5. Juni 2009 verändert.

  • Es besteht ein EBR kraft Gesetz, der ohne Abschluß einer EBR-Vereinbarung gebildet wurde.

  • Eine neue oder veränderte EBR-Vereinbarung wird nach dem 5. Juni 2011 unterzeichnet.


  • Unterliegt der Europäische Betriebsrat der neuen Rechtslage, ist eine Neuverhandlung der EBR-Vereinbarung juristisch nicht zwingend erforderlich. Es empfiehlt sich aber aus praktischen Gründen, die neuen Standards in den Text der EBR-Vereinbarung zu integrieren und durch Unterschrift des Arbeitgebers dessen "Commitment" zu dokumentieren. Dies gilt insbesondere für die Größe und Sitzungshäufigkeit des geschäftsführenden Ausschusses.

    Die wichtigsten Punkte der neuen Gesetzgebung

  • Unterrichtung und Anhörung wird besser definiert

  • In der alten EBR-Richtlinie wird der Begriff "Unterrichtung" mehrfach verwendet, aber nicht definiert. Die neue Richtlinie benennt jetzt Merkmale, die erfüllt sein müssen, um von einer ordnungsgemäßen Unterrichtung zu sprechen. Auch die Prozedur einer Anhörung wird genau beschrieben. Zukünftig sollen Europäische Betriebsräte bei grenzüberschreitenden Maßnahmen zuständig sein, wenn eine Entscheidung der zentralen Leitung Auswirkungen in einem anderen Land hat (ähnlich wie es die SE-Gesetzgebung heute schon vorsieht).

  • Die Rolle des geschäftsführenden Ausschusses wird gestärkt

  • Er bekommt erstmals das Recht auf eigenständige Sitzungen und wird personell aufgestockt.

  • Engere Zusammenarbeit mit den nationalen Betriebsräten

  • Da der Europäische Betriebsrat nur für transnationale Fragen zuständig ist, muß seine Arbeit besser mit den nationalen Betriebsräten vernetzt werden. Hierzu gehört auch eine Berichtspflicht der EBR-Mitglieder gegenüber der Belegschaft in ihrem Herkunftsland.

  • Schulungsanspruch

  • Erstmals wird ein Rechtsanspruch auf Schulungsmaßnahmen gesetzlich festgeschrieben.

  • Neuverhandlung der EBR-Vereinbarung bei strukturellen Änderungen des Unternehmens

  • Zukünftig wird es bei Fusionen und umfangreichen Restrukturierungen einen Rechtsanspruch auf Neuverhandlung alter EBR-Vereinbarungen geben.


    Achtung:

    Derzeit versuchen zahlreiche – vor allem britische und amerikanische – Unternehmen, ihren Europäischen Betriebsrat zur Unterzeichnung einer Klausel zu überreden, der diesen Rechtsanspruch außer Kraft setzt.

    → Weitere Informationen zu diesem Thema



    Weitere Informationen:

    Zusammenfassender Bericht über die neuen Regelungen
    Faltblatt der Europäischen Kommission
    Faltblatt des Europäischen Gewerkschaftsbundes
    Die neue Richtlinie zum Europäischen Betriebsrat in Fragen und Antworten



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