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Interview mit Robert Steiert, Direktor beim IMB in Genf
IMB = Internationaler Metallgewerkschaftsbund

FotoFotoFrage: Der IMB hat Ende September 2006 erstmals eine Weltkonferenz über internationale Rahmenabkommen durchgeführt. Was sind die wesentlichen Ergebnisse der Konferenz in Frankfurt?

Steiert: Über die Notwendigkeit, weitere Rahmenabkommen mit weltweit tätigen Unternehmen der Metallindustrie abzuschließen, gibt es große Einstimmigkeit. Uns geht es dabei vor allem um drei Kernforderungen: 1. alle Kernarbeitsnormen wie Vereinigungsfreiheit und dergleichen müssen im Abkommen enthalten sein, 2. legen wir großen Wert auf eine Klausel, die auch die Zulieferer des Unternehmens einschließt und 3. ist ein Überwachungsmechanismus vorzusehen.

Auf der Konferenz gab es kontroverse Diskussionen über die Frage, wer die Federführung bei Verhandlungen über ein weltweites Rahmenabkommen mit der Konzernleitung haben soll. Delegierte aus den angelsächsischen Ländern (USA, Großbritannien) plädierten dafür, daß diese durch den IMB wahrgenommen werden muß, während Gewerkschaften aus Kontinentaleuropa die Federführung – in Absprache mit dem IMB – durchaus auch bei den Europäischen Betriebsräten sehen, die in vielen Fällen die nötige Vorarbeit geleistet haben.

Frage: Wie viele Rahmenabkommen hat der IMB bisher abgeschlossen? Gibt es besonders positive Beispiele?

Steiert: Bisher existieren solche weltweiten Abkommen in 15 Unternehmen des Metallsektors. Als wir vor etwa vier bis fünf Jahren damit angefangen haben, waren die Formulierungen in den Vereinbarungstexten noch weniger stringent als heute. Die schärfste Zuliefererklausel wurde vom Bosch-Konzern unterzeichnet, allerdings hapert es manchmal noch in der praktischen Umsetzung. Unser Ziel ist, für die Gewerkschaften vor Ort eine Handlungsanleitung zu erstellen, damit sie die Einhaltung des Abkommens in ihrem Land besser gewährleisten können.

Frage: Welche Rolle spielen Europäische Betriebsräte beim Abschluß und bei der späteren Überprüfung von internationalen Rahmenabkommen?

Steiert: Die Infrastruktur des Europäischen Betriebsrates (bzw. des Weltbetriebsrates, falls vorhanden) war für uns in der Vergangenheit sehr wichtig. Vielfach hat der EBR zunächst bei der Konzernleitung vorgefühlt, ob sie zu einem solchen Abkommen bereit ist, und danach die Verhandlungen geführt. Wir waren als IMB in diese Verhandlungen eingebunden (bei Arcelor, Renault und PSA Peugeot Citroën sogar durch den IMB-Generalsekretär persönlich), aber die eigentliche operative Detailarbeit wurde immer von betrieblichen Kollegen im Umfeld des EBR geleistet.

Frage: Wie viele Weltbetriebsräte gibt es bisher beim IMB und wie wird die Entwicklung zur Gründung von Weltbetriebsräten weitergehen?

Steiert: Bei SKF wurde bereits 1993 ein Weltbetriebsrat gegründet, der immer zusammen mit dem EBR tagt. Weitere Beispiele sind Volkswagen und DaimlerChrysler und als jüngstes Beispiel der Triebwerkshersteller Rolls-Royce. Für jeden dieser Weltbetriebsräte gibt es einen gewerkschaftlichen Betreuer, ähnlich wie bei den Euro-Betriebsräten.

Bei Bosch hat im Februar 2006 erstmals eine Tagung des EBR mit außereuropäischen Delegierten stattgefunden und der EBR von Renault tagt seit Jahren regelmäßig zusammen mit japanischen Arbeitnehmervertretern. Die Gründung weiterer Weltbetriebsräte ist aber schwieriger als der Abschluß neuer Rahmenabkommen, da es weniger öffentlichen Druck gibt – anders als bei der Erfüllung von Kernarbeitsnormen und ethischen Grundsätzen durch die Unternehmen.

Robert Steiert (58) arbeitet seit Anfang 2000 beim IMB in Genf und ist dort zuständig für die Branchen Luft- und Raumfahrt, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Maschinenbau. Zuvor war er beim Vorstand der IG Metall in Frankfurt am Main in der internationalen Abteilung für transnationale Konzerne zuständig. Er betreut den Europäischen und den Weltkonzernbetriebsrat von Volkswagen sowie den Weltrat von SKF.

Das Interview führte Werner Altmeyer am 2. Oktober 2006.




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