© 2004
Interview mit Maureen Kearney, EBR-Vorsitzende bei Areva

FotoFotoFrage: Wie kam es zu der sehr umfassenden Gleichstellungsvereinbarung?

Kearney: Den EBR von Areva gibt seit Dezember 2003. Wir wollten uns mit den kulturellen Unterschieden innerhalb des noch jungen Gremiums beschäftigten und dann versuchen, die Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Ländern zu harmonisieren. Da war es thematisch nicht weit zu dem Bereich Chancengleichheit und Antidiskriminierung. Um uns einen ersten Überblick über den Status Quo zu verschaffen, erarbeiteten wir einen Fragebogen über die Gleichstellung von Männern und Frauen und die Arbeitsbedingungen behinderter Menschen. Dieser Fragebogen wurde von den Personalleitern in Zusammenarbeit mit ihren jeweiligen Arbeitnehmervertretungen ausgefüllt. Nach dem Rücklauf werteten wir diese Fragebögen aus und beschlossen, die guten Praktiken einzelner Länder auch anderen Ländern zugänglich zu machen.

Frage: Die Vereinbarung zur Chancengleichheit wurde nicht vom EBR allein verhandelt, sondern zusammen mit dem Europäischen Metallgewerkschaftsbund (EMB), der alleiniger Vertragspartner ist. Wie kam es dazu?

Kearney: Der EBR hat rechtlich kein Mandat, Vereinbarungen abzuschließen. Diese Kompetenz wird nur den nationalen Gewerkschaften oder europäischen Gewerkschaftsverbänden zugesprochen. Wir haben zwar auf EBR-Ebene begonnen, uns mit der Thematik zu beschäftigen, aber dann war es uns wichtig, den EMB einzubinden.

Frage: Aber andere Europäische Betriebsräte schließen doch Vereinbarungen ab … ?

Kearney: Ja, sicher. Aber wir wollten den EMB dabei haben und so wandten wir uns an ihn, bevor wir mit Verhandlungen begannen. Über diese Angelegenheit bestand Einigkeit im EBR, wir wollten einfach alle einschließen.

Frage: Das ist ja auch eine politische Frage. Seid Ihr ein sehr gewerkschaftlich orientiertes Gremium?

Kearney: Ja, das kann man so sagen. Im ganzen Gremium sind nur zwei Leute keine Gewerkschaftsmitglieder. Und wir haben einfach einen guten Kontakt zum EMB. Der Generalsekretär Peter Scherrer ist zwar nicht bei unseren Sitzungen dabei, steht uns aber als Ansprechpartner zur Verfügung, wenn wir ihn brauchen. Es hat sich auch als sehr vorteilhaft für die Verhandlungen herausgestellt, den EMB dabei zu haben, wir hatten wirklich kompetente Unterstützung.

Frage: Waren die Verhandlungen schwierig?

Kearney: Nein, das kann man nicht sagen. Es war das erste Mal, daß ich in einer so harmonischen und angenehmen Atmosphäre verhandelt habe. Es gab insgesamt vier Treffen, bis wir zu einer Einigung kamen. Die Arbeitgeberseite war sehr offen für das Thema und ist sofort auf den Zug aufgesprungen. Natürlich mußten wir auch Zugeständnisse machen, aber wir erhielten doch fast 95% von dem, was wir in die Vereinbarung einbezogen sehen wollten.

Frage: Meinst Du, das hängt damit zusammen, daß Ihr ein Staatskonzern seid?

Kearney: Nein, das würde ich nicht sagen. Es gibt ja in anderen Staatsbetrieben nicht unbedingt solche Vereinbarungen. Ich denke, es hängt damit zusammen, daß an der Spitze des Konzerns eine Frau steht – und die ist sehr offen für die Thematik gewesen.

Frage: Wie wird die Vereinbarung umgesetzt?

Kearney: Im Januar 2007 findet ein Treffen mit allen Personalverantwortlichen der europäischen Standorte von Areva statt, das die Inhalte der Vereinbarung zum Thema hat. Im Februar/März 2007 werden wir vier bis sechs Länder besuchen, um Management, Arbeitnehmervertreter und die Beschäftigten selbst über die Vereinbarung zu informieren. Dann geht es um die Durchführung: es werden Schulungen stattfinden, um das Bewußtsein weiter zu entwickeln, zu sensibilisieren und die Wahrnehmung hinsichtlich Behinderung zu verändern. Anschließend wird der Überwachungsausschuß mit Vertretern der zentralen Leitung, des EMB und des EBR die lokalen und nationalen Aktionspläne auswerten.

Frage: Habt Ihr weitere Themen, die Ihr mit dem EBR bearbeiten wollt?

Kearney: Ja, sicher. Wir werden uns mit dem Thema der sozialen Sicherung der Beschäftigten befassen. Aber erst muß die Gleichstellungsvereinbarung wirklich umgesetzt sein. Den Abschluß zu erreichen war nur der erste Schritt und sicher eher der einfachere. Wir wollen nicht, daß die Vereinbarung nur auf dem Papier steht, sie soll den Beschäftigten auch tatsächlich zugute kommen.

Maureen Kearney ist die Vorsitzende der Arbeitnehmerseite im Europäischen Betriebsrat von Areva, einem französischen Nuklearkonzern. Sie stammt aus Irland, lebt in Frankreich und ist Mitglied der Gewerkschaft CFDT.


Das Interview führte Reingard Zimmer am 21. Dezember 2006.


Weitere Informationen:

Die Vereinbarung im Wortlaut
Hintergrundinformationen zum Abschluß der Vereinbarung
(Bericht in den EBR-News 4/2006)



Nach oben
This page in English
Cette page en francais
Startseite
Angebot
Team
Dokumente
Links
Kontakt